Titel der Sendung: WDR 2 Bücher <BR>
Autor: Kevin Powers <BR>
Titel: Die Sonne war der ganze Himmel <BR>
Rezensent: Michael Reinartz <BR>
Datum: 16.06.2013 <BR>
John und Murph, 21 und 18 Jahre alt, kämpfen eher zufällig im Irak Krieg. Sie sind keine passionierten Killer, doch der Krieg fördert die dunklen Seiten ihrer Existenz zu Tage und entfremdet sie ihrer Heimat.
Kevin Powers hat seinen in den USA viel beachteten Debüt-Roman "Die Sonne war der ganze Himmel" geschrieben. Dabei handelt es sich um eine Geschichte aus und über den Irak-Krieg.
Viel Selbsterlebtes, Authentisches dürfte hier eingeflossen sein. Denn Kevin Powers hat in den Jahren 2004 und 2005 selbst als "Private", als Maschinengewehrschütze im Irak gekämpft. Powers berichtet von zwei US-Soldaten, zwei jungen Männern, zwei Freunden. Beide sind blutjung, John Bartle ist zu Beginn des Kampfeinsatzes 21, sein Kumpel Murph gerade erst 18 Jahre alt geworden. Das sind ungeheuerliche Zahlen. Deshalb werden derartige Altersangaben in diesem Buch oft wiederholt. Diese Jungs befinden sich nicht auf einem "Kreuzzug". John und Murph gehören nicht zu der Gruppe der passionierten Killer. Sie sind sogar eher zufällig zur Army gekommen. Weil man ihnen dort die Entscheidungen abnimmt, weil sie nicht selbst für alles, was in ihrem Leben geschieht, verantwortlich sein wollen.
Aber der Krieg wird die dunklen Seiten ihrer Existenz zu Tage fördern. Und sie laden Schuld auf sich. Murph wird in diesem Krieg ums Leben kommen. Das wird schon zu Beginn des Romans deutlich. So gesehen hat John Glück. Aber für den Überlebenden wird das Weiterleben in der fremd gewordenen Heimat zur Qual. Während die alten Freunde ihre High-School-Abschlüsse feiern und in Beziehungen, die schließlich in Ehen münden, leben, kämpft er am anderen Ende der Welt und muss den Tod als die natürlichste und allgegenwärtigste Sache der Welt anerkennen.
Der Roman wird ausschließlich in Rückblenden erzählt. Manche Passagen wirken wie die Schilderungen von Träumen oder besser: von Alpträumen. Manche sind schön wie ein Stück aus Tausend und einer Nacht ¿ doch immer wieder durchsetzt vom Wehklagen der Opfer des Krieges. Aber auch dort, wo der Autor nüchtern und analytisch beschreibt, ist der Roman intensiv, dicht und beklemmend. Manchmal muss man beim Lesen das Atmen einstellen. Die beschriebene Schlacht um eine Obstwiese, die jedes Jahr im Herbst von Neuem stattfindet, wirkt surreal, absurd. Es wird nicht einmal klar, wer genau eigentlich der Gegner bei diesem Gemetzel ist.
Anders als die Vietnam-Veteranen werden die Irak-Heimkehrer in den USA als Helden verehrt. Manche Szenen in diesem Roman zeugen davon. Aber das macht die Sache für die Betroffenen nicht besser. Denn die körperlichen und seelischen Verletzungen sind genau so stark. Und damals wie heute lässt sie die Army damit allein.
"Die Sonne war der ganze Himmel" ist ein anrührendes und erschütterndes Buch. Es kann Mitleid für die Opfer und für die Täter erzeugen.
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Medienkennzeichen:
Romane
Jahr:
2013
Verlag:
Frankfurt am Main, Fischer
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ISBN:
978-3-10-059029-9
2. ISBN:
3-10-059029-5
Beschreibung:
239 S.
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Originaltitel:
The Yellow Birds <dt.>
Mediengruppe:
Belletristik