Titel der Sendung: WDR 2 <BR>
Autor: Einzlkind <BR>
Titel: Gretchen <BR>
RezensentIn: Thomas Koch <BR>
Datum: 18.08.2013 <BR>
Gretchen, eine ältere mondän lebende Dame, residiert überkandidelt und selbstverliebt in London - muss dann aber ihre vertraute Umgebung verlassen. Mit viel Phantasie zieht der Autor die Leser in den Bann des Buches.
Auf der Zielgerade des Lebens
Das Buch erzählt die Geschichte von Gretchen, einer älteren Dame, auf der Zielgeraden ihres Lebens. Der Roman passt aber nicht zum aktuellen Trend, der viele Geschichten liefert über rüstige Senioren, die das Abenteuer ihres welken Lebens erleben. Wie zum Beispiel über den Hundertjährigen, der aus dem Fenster stieg und verschwand (Der Roman von Jonas Jonasson war eines der erfolgreichsten Bücher des vergangenen Jahres). Gretchen von Einzlkind ist da deutlich anders, meint WDR 2 Buchtipper Thomas Koch: Gretchen ist böser und abgründiger.
Gretchen verabscheut Mittelmaß
Gretchen Morgenthau ist 75, eine große Theaterintendantin aus Wien, hat am Burgtheater inszeniert ¿ eine Legende - sie lebt luxuriös, völlig überkandidelt und selbstverliebt in London, ein Großstadtmensch durch und durch. Sie verabscheut Mittelmaß, Spießigkeit, Stillosigkeit und tut das äußerst zynisch. Jeder der ihr nicht passt, wird umgehend Teil einer detaillierten Mordphantasie: "Sie überlegte, seinen Kopf in einen Trog voller Salzsäure zu tunken, um zu sehen, was passiert. Es konnte ja nur klüger werden, das dumme Ding", denkt sie zum Beispiel über einen jungen Mann, der ihr quer kommt.
Klar, direkt und drastisch
Die Sprache des Buches ist klar, direkt und drastisch, aber nicht nur grob und gemein, sondern auch schön und fast zerbrechlich, dabei immer spielerisch und äußerst kreativ. Es gibt kaum einen Satz in dem Buch, der den Leser nicht mit einer Überraschung belohnt. Die Story ist dabei recht simpel: Gretchen Morgenthau steht irgendwann in London vor Gericht wegen Trunkenheit am Steuer, Beamtenbeleidigung und Sachbeschädigung ... aus ihrer Sicht: Lapalien! Der Richter verurteilt sie dazu auf Gwynfear (eine Insel neben Island) mit einheimischen Fischern und Bauern ein Theaterstück zu inszenieren... aus ihrer Sicht: Die Höchststrafe. Sie muss mit Wilden leben!
Also ein ganz klassischen Plot: Da muss jemand raus aus seiner vertrauten Umgebung, um etwas über sich und das Leben zu lernen. Und natürlich weicht die böse, alte und immer perfekt gestylte Frau irgendwann ein wenig auf, weil die Natur und auch die Menschen so echt und großartig sind. Aber sie muss keine Abbitte leisten, es gibt keinen moralischen Fingerzeig. Kein Urteil über falsches oder richtiges Leben.
Autor will anonym bleiben
Wer ist der Autor "Einzlkind"? Wer versteckt sich hinter diesem Pseudonym? Das ist ein großes und gut gehütetes Geheimnis. Man weiß lediglich, dass Gretchen das zweite Werk des deutschen Autors ist. Der erste Roman hieß "Harold" und erzählte die Geschichte eines Jungen, der ständig versucht hat sich umzubringen. "Sie haben Harold geliebt? Dann werden Sie Gretchen hassen." So kokettiert der Verlag auf der Rückseite des Buches.
Thomas Koch glaubt nicht, dass jemand Gretchen hassen wird. Er empfiehlt das Buch allen, die Spaß daran haben zu erleben, wie kreativ, phantasievoll und überraschend ein Autor die Freiheit nutzen kann, die ihm 240 Romanseiten bieten.
Keine Rezensionen gefunden.
Mehr...
Personen
Suche nach diesem Verfasser
Einzlkind
Medienkennzeichen:
Romane
Jahr:
2013
Verlag:
Berlin, edition TIAMAT
Aufsätze:
Zu diesem Aufsatz wechseln
opens in new tab
Diesen Link in neuem Tab öffnen
Mehr...
Suche nach dieser Systematik
Suche nach diesem Interessenskreis
ISBN:
978-3-89320-176-1
2. ISBN:
3-89320-176-9
Beschreibung:
239 S.
Suche nach dieser Beteiligten Person
Mediengruppe:
Belletristik