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Titel der Sendung: WDR 2 Bücher <BR>

Autor: J.L. Carr <BR>

Titel: Wie die Steeple Sinderby Wanderers den Pokal holten <BR>

Rezensent: Michael Reinartz <BR>

Datum der Sendung: 28.05.2017 <BR>

 

Ein skurril-sympatischer Dorf-Verein aus der englischen Provinz Yorkshire träumt große Fußball-Träume. Wie das Unglaubliche Realität wird, erzählt J.L. Carr mit typisch angelsächsischem Humor.

 

Die Handlung

 

In dem kleinen 547-Seelen-Kaff Steeple Sinderby in der englischen Provinz Yorkshire reift ein großer Traum heran. Man möchte mit dem Dorf-Verein den britischen FA-Cup (das Pendant zum DFB-Pokal gewinnen). Grund für den Optimismus ist ursprünglich der neue Dorfschul-Direktor aus Ungarn. Der spornt die Kinder gerade mit unorthodoxen Lernmitteln zu schulischen Höchstleistungen an. Warum soll man die erfolgreiche Art Dinge zu vermitteln nicht auf den sportlichen Bereich übertragen? Sagt sich zum Beispiel Mr. Arthur Fangfoss, der oberste Vereinsmeier und wichtigste Sponsor in Steeple Sinderby. Und so entwickelt der ungarische Schuldirektor zehn bahnbrechende Thesen, die den gesamten Fußballsport auf der Insel zumindest für ein Jahr revolutionieren. Befolgt von den wackeren Provinzkickern führen sie tatsächlich zum Erfolg. Auch wenn ein wenig Trickserei dazu gehört. So ist der Platz der Heimmannschaft von einer derartigen Unebenheit, dass er die einstudierten hohen Bälle bei Ecken und Freistößen über sämtliche Köpfe von Freund und Feind hinwegsegeln und wirkungslos werden lässt.

 

Vor dem Viertelfinale gegen Manchester verzweifeln die Profis aus der Großstadt bei der Anreise im Stau rund um die völlig verstopften Zufahrtsstraßen. Sie müssen schließlich den Weg zum Spielort zu Fuß über die sumpfigen Zuckerrübenfelder zurücklegen.

 

Die Stars der Steeple Sinderby Wanderers sind ein beim FC Arsenal gescheitertes Fußball-Talent, ein depressiver Ex-Profi, der sich in der Region niedergelassen hat und durch gutes Zureden zu einem Comeback bewegt werden kann, sowie der im Tor überragende Milchmann "Monkey" Tonks.

 

Das Unglaubliche wird zur Realität. Im Finale sind die Glasgow Rangers der Gegner der skurril-sympathischen Truppe vom Land.

 

Die Bewertung

 

Die kleine, nicht mal 200 Seiten umfassende Novelle ist vollgepackt mit typisch angelsächsischem Humor. Sie ist auch eine Satire auf die englische Gesellschaft und auf die englischen Medien. Die handelnden Figuren sind ebenso typisch britisch und werden höchst liebevoll beschrieben. So die Reporterin der Heimatzeitung, Gynchy Trigger, deren blumige Spielberichte (auch als "eigenwillige Prosa" bezeichnet) ausgiebig zitiert werden. Und natürlich Mr. Arthur Fangfoss, dessen durchaus merkwürdige Lebensphilosophie und streitbaren politischen Ansichten plötzlich in ganz Großbritannien und sogar weit darüber hinaus gefragt sind. Wobei der eigenwillige und sympathische Chronist dieser Geschichte (Mr. Gidner, ein "abgebrochener" Theologiestudent) sich durchaus darüber im Klaren ist, dass es mitunter besser ist, von den Medien ignoriert als von ihnen entdeckt zu werden.

 

Es ist eine Geschichte über den Sieg der Hinterwäldler und der anderswo Gescheiterten gegen das Establishment, gegen alle Wahrscheinlichkeiten und über alle Schicksalsschläge hinweg. Eine Story über die großen Momente im Leben, die einmalig und deshalb für alle Beteiligten für den Rest des Lebens so prägend sind. Über Augenblicke, die man nicht wiederholen kann und das auch auf gar keinen Fall versuchen sollte. So steckt das Buch auch voller Sentimentalität und Melancholie. Denn die entscheidenden Leute bei den Steeple Sinderby Wanderers wissen, dass man Aufhören muss, wenn es am Schönsten ist. So dass sich der Verein im Moment des größten Erfolges auflöst.

 

Es ist sicher nicht der größte Fußballroman aller Zeiten. Keineswegs vergleichbar mit Nick Hornbys "Fever Pitch". Aber ein ebenso großes Lesevergnügen.

Rezensionen